Sinkende Großhandelspreise: Disinflation voraus?

von Nkosilathi Dube, Trive Finanzmarktanalyst

Zur Freude der Europäischen Zentralbank (EZB) befindet sich Deutschland an der Schwelle zur Disinflation, da die Großhandelspreise seit ihrem Höchststand im zweiten Quartal 2022 im Jahresvergleich gesunken sind. Im Mai 2023 wurde mit einem Rückgang von 2,6 % gegenüber dem Vorjahr der stärkste Rückgang der Großhandelspreise seit fast drei Jahren verzeichnet. Da die Inflation nachlässt, könnte sich der steilste Zinserhöhungszyklus in der Geschichte der EZB als Reaktion auf die hohe Inflation im Jahr 2022 dem Ende. Sollte der Rückgang der Großhandelspreise in Deutschland als Beginn einer Disinflation angesehen werden?

Der Großhandelspreisindex misst die Preisentwicklung der von deutschen Großhandelsunternehmen verkauften Waren. Vereinbarungen mit Verarbeitern, Wiederverkäufern oder anderen wichtigen Abnehmern großer Warenmengen fließen in den Index ein. Dabei kann es sich sowohl um in Deutschland produzierte als auch um importierte Waren handeln. Nicht berücksichtigt werden Verkäufe der Produzenten direkt an Einzelhändler oder Endverbraucher.

Der Rückgang der Großhandelspreise ist nach Angaben des Statistischen Bundesamtes vor allem auf die Entspannung bei den Rohstoffpreisen zurückzuführen. Der Rückgang der Preise für Mineralölerzeugnisse um 22,7 % war der wichtigste Faktor für den Rückgang im Jahresvergleich. Der Jahresrückgang im Mai 2023 wurde auch durch Preisrückgänge bei Schrott und Reststoffen (-31,3 %), Getreide, Rohtabak, Saatgut und Futtermitteln (-27,9 %), Erzen, Metallen und Metallhalbzeug (-22,1 %) sowie chemischen Erzeugnissen (-9,4 %) beeinflusst.

Zu den Hauptursachen für den Anstieg der Großhandelspreise zählten die gestiegenen Kosten für Nahrungsmittel, Energie und Rohstoffe, die weiterhin zum Anstieg der Gesamtinflation in Deutschland beitrugen.

Der Ausbruch des Russland-Ukraine-Konflikts war ein Alptraum für Europa, da er zwei der wichtigsten Nahrungsmittel- und Energieproduzenten der Welt gegeneinander aufbrachte.

Die Preise für Rohöl und Erdgas stiegen aufgrund von Lieferengpässen, wobei die Auswirkungen in Europa, das stark von russischer Energie abhängig ist, am größten waren. Deutschland bezog mehr als ein Drittel seines Öls und etwa die Hälfte seines Erdgases aus Russland.

Bundesfinanzminister Christian Lindner versichert, dass Deutschland keine Energieversorgung mehr direkt aus Russland bezieht. Auf dem Höhepunkt der Energiekrise stiegen die Preise für Heizöl und Erdgas dramatisch um 87 % bzw. 64,8 %. Die Stromkosten stiegen um 20,1 % und die Preise für Benzin und Diesel an den Tankstellen um 26,8 %. Diese Entwicklung wirkte sich auf zahlreiche Wirtschaftszweige aus, darunter die Nahrungsmittelindustrie und die Logistikbranche, und führte zu einem starken Anstieg der Großhandelspreise und des Verbraucherpreisindex.

Die Preise für Erdgas und Rohöl haben inzwischen ihren Höchststand erreicht (NYMEX: NG bzw. CL). Wie oben dargestellt, sind die Rohölpreise (NYMEX: CL) von ihrem Höchststand von 114,67 USD pro Barrel im Mai 2022 zurückgegangen, während die Erdgaspreise (NYMEX: NG) nach einem Rekordhoch von 9,127 Mrd. t auf das Niveau vor der Pandemie gefallen sind. Der Rückgang der Rohstoffpreise führte zu einem Übergangspunkt, an dem die Großhandelspreise von Jahr zu Jahr zu sinken begannen.

Zusammenfassung

Da die meisten inflationsfördernden Einflussfaktoren nachlassen, könnte dies als gutes Zeichen für einen möglichen Preisrückgang gewertet werden. Die Energiepreise haben wieder das Niveau erreicht, das sie vor den Inflationsängsten hatten. Aufgrund der geringeren Abhängigkeit von russischen Energielieferungen könnte es in Deutschland zu einer Disinflation kommen. Der Rückgang der Rohstoffpreise dürfte eine wichtige Rolle dabei spielen, dass die Großhandelspreise unter ihrem Höchststand im Jahr 2022 bleiben.

Quelle: Statistisches Bundesamt, NYMEX, Reuters, TradingView

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