von Alexa Smith, Trive Financial Marktanalystin
Das Turtle-Trading-Experiment ist eine berühmte Fallstudie aus der Finanzwelt, die die Macht systematischer Handelsstrategien und die Bedeutung eines disziplinierten Risikomanagements demonstriert. Das Experiment wurde von dem Rohstoffhändler Richard Dennis und seinem Partner William Eckhardt in den frühen 1980er Jahren initiiert, um herauszufinden, ob erfolgreiches Trading erlernt werden kann oder ob es sich um eine angeborene Fähigkeit handelt, die nur wenige besitzen.
Richard Dennis war der Meinung, dass jeder mit der richtigen Ausbildung und den richtigen Regeln ein erfolgreicher Händler werden kann. Um dies zu beweisen, rekrutierte er eine Gruppe von Personen und lehrte sie seinen eigenen Trading-Strategien. Diese Gruppe wurde später als „Turtles“ bekannt. Der Begriff „Turtles“ beruhte auf Dennis‘ Erinnerung an Schildkrötenfarmen in Singapur, wobei er eine Parallele zwischen der Kultivierung von Tradern und der Aufzucht von Schildkröten zog.
Die Turtle-Teilnehmer wurden in der Ausführung einer Trendfolgestrategie geschult. Die Grundlage dieser Strategie beruhte auf der Prämisse „der Trend ist dein Freund“ („the trend is your friend“), die den Erwerb von Futures bei Ausbrüchen aus Handelsspannen nach oben in Verbindung mit Leerverkäufen bei Ausbrüchen nach unten vorsah.
Dennis und Eckhardt entwickelten eine Reihe spezifischer Handelsregeln, die die „Turtles“ befolgen sollten. Diese Regeln wurden so konzipiert, dass sie systematisch sind, menschliche Emotionen aus dem Trading-Prozess herausnehmen und sich ausschließlich auf objektive Kriterien stützen. Einige Schlüsselelemente des Turtle-Trading-Systems waren:
- Einstiegssignale: Das System verwendete eine Kombination aus preisbasierten Indikatoren, um Einstiegssignale zu generieren. Die Turtles kauften einen Rohstoff (oder gingen short), wenn sein Preis eine bestimmte Anzahl von Tageshöchstständen überschritt.
- Positionsgröße: Die Positionsgröße der Turtles wurde anhand einer Berechnung ermittelt, die die Volatilität des gehandelten Marktes berücksichtigte. Auf diese Weise konnten sie das Risiko effektiv steuern, indem sie mehr Kapital in weniger volatile Märkte investierten.
- Risikomanagement: Die Turtles wurden angewiesen, Stop-Loss-Orders bei einem bestimmten Prozentsatz unter ihrem Einstiegskurs zu setzen. Dies stellte sicher, dass Verluste begrenzt und katastrophale Drawdowns verhindert wurden.
- Diversifizierung: Die Turtles mussten ein breit gefächertes Portfolio von Rohstoffen handeln, um die Auswirkungen einer schlechten Performance auf einem einzelnen Markt zu verringern.
Erkenntnisse aus dem Experiment:
- Systematischer Ansatz: Das Turtle-Experiment hat die Stärke eines systematischen Handelsansatzes gezeigt. Durch das Einhalten vorgegebener Regeln konnten die Turtles die emotionale Voreingenommenheit ausschalten, die oft zu impulsiven und irrationalen Entscheidungen führt.
- Risikomanagement: Die Betonung des Risikomanagements war ein entscheidender Aspekt des Turtle-Systems. Durch die Begrenzung potenzieller Verluste mittels Stop-Loss-Orders und die Anpassung der Positionsgröße an die Marktvolatilität schützten die Turtles ihr Kapital vor größeren Verlusten.
- Anpassungsfähigkeit: Die Fähigkeit der Turtles, sich an unterschiedliche Marktbedingungen anzupassen, zeugt von der Flexibilität ihres Handelssystems. Diese Anpassungsfähigkeit half ihnen, sich in verschiedenen Marktumgebungen zurechtzufinden und eine konstante Performance zu erzielen.
- Geduld: Das Handelssystem der Turtles erforderte Geduld, da nicht jeder Trade ein Gewinn war. Die Turtles vermieden impulsive Entscheidungen, indem sie sich an die Regeln hielten und verstanden, dass Verluste ein natürlicher Bestandteil des Handels sind.
War das Experiment erfolgreich? Wie der ehemalige Turtle Russell Sands bestätigt, brachten die beiden Wellen von Dennis‘ Trainingsprogramm in nur fünf Jahren mehr als 175 Mio. USD ein. Auch ohne Dennis‘ Anleitung können Einzelpersonen die Grundregeln des Turtle Trading auf ihre eigenen Strategien anwenden, wobei das übergeordnete Prinzip darin besteht, Vermögenswerte zu kaufen, die sich in einer Aufschwungphase befinden, und den Handel zu beenden, wenn die Preise zu konsolidieren beginnen oder sich umkehren.
Trotz der bemerkenswerten Erfolge hat Turtle Trading auch seine Schattenseiten. Jedes Handelssystem unterliegt Drawdowns, die bei Trendfolgestrategien gravierend sein können. Dies liegt zum Teil daran, dass viele Ausbrüche Fehlausbrüche sind, was zu einem erheblichen Anteil an Fehltrades führt.
Zusammenfassung
Das Turtle-Trading Experiment zeigt das Potenzial systematischer Handelsstrategien und die Bedeutung eines disziplinierten Risikomanagements. Auch bei gutem Risikomanagement bleibt das Risiko bestehen. Das Experiment hat gezeigt, dass erfolgreiches Handeln durch eine Reihe klar definierter Regeln und Prinzipien erlernt werden kann und stellt die Vorstellung in Frage, dass Trading ausschließlich von angeborenem Talent abhängt. Dennoch unterstreicht das Wesen dieser Strategie, dass die Annahme eines solchen Ansatzes eine persönliche Entscheidung ist, die eine sorgfältige Abwägung zwischen dem Risiko, die gesamte Investition sehr schnell zu verlieren, und dem potenziellen Gewinn erfordert. Eine weitere Überlegung ist, dass die Tatsache, dass die Turtle-Strategie in der Vergangenheit funktioniert hat, keine Garantie dafür ist, dass sie wieder funktionieren wird.
Quellen: Investopedia
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